Kompetenzmanagement und Zukunfskompetenzen
Die Erfassung, Messung oder Diagnose von Kompetenzen im Rahmen organisationaler HRM-Prozesse beschäftigt Praxis und Forschung seit den 90er Jahren intensiv. Anwendung findet sie unter anderem im Rahmen des organisationalen Kompetenzmanagements, des Performance Managements und des Potenzial- bzw. Talentmanagements. Die Einführung neuer Technologien und die Veränderung von Arbeitsabläufen stellen neue Kompetenzanforderungen an Beschäftigte. Gleichzeitig taucht seit einiger Zeit die Frage auf, wie neue Technologien genutzt werden können, um das Kompetenzmanagement zu unterstützen und so z.B. Zukunftskompetenzen zu identifizieren. Im Rahmen des Forschungsprojekts „(Re)Shape Automotive Industry: Upskilling und Reskilling“ haben wir Dr. Laura Johana Karwehl an die Technische Universität Braunschweig eingeladen, um einen Einblick in diese sogenannten „Zukunftskompetenzen“ zu erhalten. Dr. Karwehl ist Psychologin und beschäftigt sich vor allem mit Kompetenzmanagement und Zukunftsforschung. Wen muss ich heute einstellen, damit mein Unternehmen in 10 Jahren immer noch erfolgreich ist? Welche Kompetenzen brauchen meine zukünftigen Mitarbeiter? Was müssen sie können? Diese und mehr Fragen beantwortet Dr. Laura Karwehl in ihrem Vortrag.
Im Zentrum steht dabei die Frage, wie strategisch relevante Kompetenzen in technologischen Umfeldern identifiziert werden können. Frau Karwehl setzt den Fokus ihrer Arbeit auf die Konzeption, Entwicklung und Evaluierung eines datenbasierten Ansatzes zur Identifikation ebendieser Kompetenzen. Als Feldzugang wählt sie die Mensch-Maschine-Interaktion in der Automobilindustrie.
Frau Karwehl leistet einen Beitrag zur Kompetenzforschung, der neue technische Möglichkeiten bei der Identifikation von Zukunftskompetenzen betrachtet. Dafür baut sie auf vier Arbeiten zu HR Analytics und Ansätzen der Zukunftsforschung auf, die sie gegeneinander abwägt. In ihren Arbeiten verbindet sie erstmalig die Patentanalyse mit der Kompetenzforschung. Mit dem datenbasierten Vorgehen zur Identifikation von Zukunftskompetenzen betritt sie methodisch Neuland.
Im Folgenden finden Sie Kurzbeschreibungen von Lauras Arbeiten mit den wichtigsten Ergebnissen:
Studie 1
Die erste herangezogene Studie befasst sich mit dem Kompetenzmanagement und der Verknüpfung mit digitalen Technologien. Dabei vergleicht Dr. Laura Karwehl traditionelle und neue Herangehensweisen. Der Artikel untersucht das Potenzial von HR Analytics zur Entwicklung antizipativer Kompetenzstrategien. Zentrale Fragestellungen und Aspekte des HR Analytics Ansatzes werden vorgestellt und vor dem Hintergrund einer organisationalen Umsetzbarkeit diskutiert. Die Arbeit kommt zu dem Schluss, dass Kompetenzstrategien durch den gezielten Einsatz von HR Analytics optimiert werden können.
Link zur Studie: https://link.springer.com/article/10.1007/s11612-021-00548-y
Studie 2
In der zweiten Publikation stellt Frau Dr. Karwehl die Disziplin der Zukunftsforschung dar und beleuchtet, wie Zukunftsforschung im unternehmerischen Kontext Akteure bei der strategischen Entscheidungsfindung unterstützen kann. Hierzu wird zunächst die Zukunftsforschung ausführlich beschrieben und reflektiert. Anschließend werden Potenziale von Zukunftsforschung herausgestellt und mithilfe von „Foresight“ zukunftsrelevante Charakteristika identifiziert. Es werden Kritiken und potenzielle Herausforderungen bei der Integration dieser Methode beleuchtet. Abschließend werden Anwendungsempfehlungen für Praktizierende ausgesprochen.
Link zur Studie: https://link.springer.com/article/10.1007/s11612-022-00642-9
Studie 3
In der dritten Publikation verbindet Frau Dr. Karwehl die Disziplinen der Kompetenzforschung, semantischen Patentanalyse und Data Science zu einem neuartigen Ansatz zur Identifikation künftiger Kompetenzanforderungen. Es wird davon ausgegangen, dass die mit Patenten geschützten Erfindungen Kompetenzen von Erfindern widerspiegeln. Hierzu werden bedeutsame Patente aus dem Feld der Mensch-Maschine-Interaktion identifiziert und auf zweierlei Arten analysiert: Zum einen werden die Erfinder der bedeutsamen Patente identifiziert und die Profildaten ihrer sozialen Karrierenetzwerke analysiert. Zum anderen werden die Patente im Rahmen einer semantischen Patentanalyse inhaltlich untersucht. Die Ergebnisse beider Analysen werden anschließend mit den Ergebnissen der Social Media Analyse (SMA) abgeglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass beide Analysen Gemeinsamkeiten mit den Daten der SMA aufweisen. Die Pilotierung des Ansatzes weist auf ein großes Potenzial für die Entwicklung antizipativer Kompetenzstrategien hin.
Link zur Studie: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35723161/
Studie 4
In der vierten Publikation validiert Frau Dr. Karwehl das in der dritten Publikation konzipierte und pilotierte Konzept. Hierzu wird ein Fragebogen erstellt, der aus Daten der zweiten Publikation, die bereinigt wurden, und aus Daten einer Interviewstudie besteht. Daraus wurden separate Items konstruiert. Beide Item-Sets wurden in einen gemeinsamen Fragebogen integriert, der an Experten aus dem Bereich der HMI bei Volkswagen verteilt wurde. Die Befragung erhielt Antworten von insgesamt 84 Teilnehmern.
Die Ergebnisse zeigen, dass es signifikante Unterschiede in der wahrgenommenen Relevanz der verschiedenen Quellen gibt. Weiterhin zeigen sich signifikante Unterschiede in der Relevanzbewertung der verschiedenen Teilnehmerrollen. Die Daten lassen den Schluss zu, dass durch eine Kombination von experten- und datenbasierten Ansätzen eine Verbesserung in der Vorhersage zukünftiger Kompetenzbedarfe in technischen Umfeldern erreicht werden kann.
Link zur Studie: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35723160/
Es wurden eine große Bandbreite an Kompetenzen und Fähigkeiten identifiziert, die in den genannten Studien untersucht wurden. Wenn Sie einen detaillierten Einblick erhalten möchten, lesen Sie gerne die Studien von Dr. Laura Karwehl, die am Ende der jeweiligen Beschreibung verlinkt sind. Welche Kompetenzen erachten Sie als wichtig, um für die Zukunft gut gewappnet zu sein? Lassen Sie es uns gerne in den Kommentaren wissen!
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